Können Kontaktlinsen die Kurzsichtigkeit ausbremsen?

25. Oktober 2016, 08 Uhr Augenheilkunde, Wissenswertes

In den letzten Monaten ging die Meldung einer revolutionären Kontaktlinse, die die weitere Entwicklung von Kurzsichtigkeit aufhalten soll, durch die Medien. Wir möchten dieser Erfindung auf den Grund gehen.  Die Kurzsichtigkeit ist einer der häufigsten Sehfehler weltweit. Kurzsichtige Menschen können im Nahbereich einwandfrei sehen – es sei denn, Hornhautverkrümmung oder Alterssichtigkeit gesellen sich noch hinzu. Nur entfernte Objekte können Menschen, die an Kurzsichtigkeit leiden, nicht oder nur sehr verschwommen sehen. Das kurzsichtige Auge fokussiert aufgrund einer Art Baufehlers des Auges vor der Netzhaut anstatt genau auf ihr – und dadurch erscheinen ferne Gegenstände verschwommen.
Dieses Problem taucht auf, wenn der Augapfel länger als normal ist oder wenn die Hornhaut stärker als normal gekrümmt ist. Die Kurzsichtigkeit kann genetisch bedingt sein, weswegen sie häufig bei mehreren Personen in einer Familie auftritt.

Die Kontaktlinse, die Kurzsichtigkeit stoppen soll
Die Wissenschaft sucht bereits seit Jahren nach Lösungen für dieses weitverbreitete Problem. Unter ihnen der spanische Augenarzt und Wissenschaftler Jaume Pauné, der vor Kurzem eine Kontaktlinse präsentierte, die, wie er bestätigt, die weitere Entwicklung der Kurzsichtigkeit aufhalten soll.
Die Entwicklung dieser Kontaktlinse ist das Ergebnis seiner Doktorarbeit: Pauné hat sie zum Patent angemeldet und stellt bereits Kontaktlinsen für klinische Untersuchungen an Patienten her. Nach eigener Aussage kann die Kontaktlinse bis zu 43% der Weiterentwicklung der Kurzsichtigkeit Einhalt gebieten. Im Unterschied zu den üblichen Kontaktlinsen oder Brillen korrigiert diese Kontaktlinse nicht nur das gesehene Bild, sondern gleichzeitig die Oberflächenform der Netzhaut. Dadurch kann die weitere Entwicklung der Kurzsichtigkeit aufgehalten werden.

Der Streitpunkt
Die Meldung über diese angeblich neuartige Kontaktlinse blieb in Fachkreisen nicht unkommentiert: kurz darauf veröffentlichte die spanische augenärztliche Vereinigung (SEO) eine Meldung, in der sie vor dieser Art von Lösungen gegen die Kurzsichtigkeit warnt.
Die Funktionalität der neuen Kontaktlinse von Dr. Pauné basiert auf der orthokeratologischen Technologie. Speziell geformte, formstabile Kontaktlinsen formen die Hornhaut so, dass eine vorübergehende Korrektur der Fehlsichtigkeit möglich ist. Diese Technologie beschäftigt die Wissenschaft bereits seit mehreren Jahrzehnten. Unter diesen Kontaktlinsen gibt es auch solche, die nur in der Nacht getragen werden und so die Kurzsichtigkeit und/oder die Hornhautverkrümmung für den darauffolgenden Tag korrigieren.
Einer der Nachteile dieser Technologie ist es, dass die Ergebnisse nicht dauerhaft sind, wie es etwa bei einer Augenlaserkorrektur in der Regel der Fall ist. Trägt man die Kontaktlinsen für einige Tage nicht, geht die Hornhaut wieder in ihre ursprüngliche Form zurück und der Sehfehler liegt unverändert vor. Aufgrund der Formstabilität verursachen diese Art von Kontaktlinsen leider auch ein unangenehmes Tragegefühl.
Eines der Hauptprobleme dieser Kontaktlinsen – sowohl der bereits bekannten als auch der neuen – ist, dass hohe Dioptrien, die hauptsächlich zu Problemen wie einer Netzhautablösung führen, nicht korrigiert werden können.

Fazit
Viele Fragen umkreisen noch immer diese Forschungsergebnisse und teilen die Meinungen der Wissenschaftler in unterschiedliche Lager. Auch wenn in den ersten Untersuchungen positive Ergebnisse erzielt werden konnten, sind nun tiefergehende Studien notwendig, um die Wirkungsweise zu bestätigen und negative Spätfolgen auszuschließen.

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